Schweizerischer Nationalpark statt Wadi Rum.

Auf Safari im Engadin

Wildnis, Wildtiere und viele Wow-Momente: Sarah Lutz und Julian Agudelo Herrera erleben eine abenteuerliche Safari in Graubünden. Eine Woche lang erkunden sie den Schweizerischen Nationalpark, beobachten Wildtiere und lassen sich hoch zu Ross zu idyllischen Bergseen führen.

Von Nadja Cantieni & Marco Hartmann

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Sarah Lutz und Julian Agudelo Herrera reisen für ihr Leben gerne. Mexiko, Kolumbien, USA, Spanien, Ägypten, Singapur und Thailand sind nur einige von vielen Ländern, die sie bereist haben. 2018 waren die beiden in Jordanien, unter anderem auf Dromedar-Safari in der Wadi Rum. Das Schutzgebiet östlich der Stadt Akaba mit einer Fläche von 740 km2 gehört zum UNESCO-Weltkulturerbe. Zwischen Bergmassiven und Wüstensand ritten sie mit den Dromedaren von Beduinen-Camp zu Beduinen-Camp, vorbei an massiven Sandsteinformationen und theatralischen Landschaften.

Im Vergleich zur Wadi Rum ist der Schweizerische Nationalpark im Unterengadin mit 170 km2 kleiner. Doch wie Sarah und Julian auf einer einwöchigen Safari in Graubünden feststellen, hat das grösste Wildnisgebiet der Schweiz genauso viele Abenteuer zu bieten.

Posierende Hirsche und turnende Meisen

Die ersten Nächte ihrer Bündner Safari verbringen Sarah und Julian, die aus dem Kanton Appenzell Ausserrhoden angereist sind, im Hotel Filli in Scuol. Das Hotel ist ein idealer Ausgangspunkt für Erlebnisse im Nationalpark. Als Erstes steht ein Besuch im Nationalparkzentrum in Zernez an. Dort holen sich Sarah und Julian in den vier Ausstellungsräumen, in welchen der Nationalpark, seine Fauna und Flora und seine Entstehung erklärt werden, das Rüstzeug für ihr einwöchiges Safari-Abenteuer in Graubünden. Denn schon am nächsten Tag erkunden sie mit Nationalpark-Guide Lukas auf einer Wanderung das Val Mingèr, ein Seitental der Val S-charl. Lukas schöpft aus dem Vollen und führt Sarah und Julian in die Welt des Nationalparks ein. Was Sarah und Julian wie viele nicht wissen: Der Schweizerische Nationalpark ist kein Naturpark, sondern ein Forschungspark mit höchster Schutzkategorie. Lukas nennt es «ein grosses Experiment». Rund 70 wissenschaftliche Forschungsprojekte, welche die natürlichen Prozesse untersuchen und die Veränderungen im Schweizerischen Nationalpark dokumentieren, werden pro Jahr im Gebiet durchgeführt. «Wir dürfen den Park als unauffällige Besucher betreten. Wir dürfen schauen und staunen, aber nichts anfassen, abreissen oder sammeln», erklärt Lukas.

Auf dem Wanderweg Richtung Sur Il Foss, dem rund 2,5 Stunden entfernten Ziel, hält Lukas immer wieder an, zeigt auf Sträucher, Blumen, Pilze, auf in den Arven turnende Tannenmeisen, macht auf vom Specht zerhackte Holzstämme aufmerksam. «Das hätten wir ohne Lukas gar nicht wahrgenommen», stellt Sarah fest. Nach rund 1,5 Stunden Wanderzeit, begleitet vom Krächzen der im Nationalpark typischen Tannenhäher, setzt Lukas zum ersten Mal sein Fernglas an. Er blickt talaufwärts Richtung Piz Foraz – und hatte den richtigen Riecher: Am Hang erblickt er einige Gämse. Sarah und Julian erspähen die Tiere ebenfalls durch ihre Ferngläser. Plötzlich meint Sarah: «Ich sehe einen grossen Vogel». Lukas schwenkt sein Fernglas in Sarahs Richtung – und tatsächlich: Zwei junge Bartgeier haben es sich unterhalb des Grats gemütlich gemacht. Und als wenn das nicht genug wäre, hört die Gruppe unweit zum ersten Mal das Röhren eines Hirsches. Im September ist die Hirschbrunft im Nationalpark in vollem Gange und einer der Höhepunkte im Herbst. Nur wenig später erscheint am Horizont Richtung Piz Foraz die Silhouette eines Hirsches. Er setzt sich für Sarah und Julian in Pose. «Wunderschön», meinen beide begeistert. Währenddessen fliegen die jungen Bartgeier im Parallelflug davon. «Das ist nun wirklich ein sehr spezieller Moment», meint auch Lukas.

Unterwegs kommt die Gruppe immer wieder mit anderen Nationalparkbesuchern ins Gespräch und tauscht sich aus, wo welche Wildtiere gesichtet wurden. Begleitet vom Röhren der Hirsche und beobachtet von fetten Murmeltieren, die bereit sind für den Winterschlaf, erreichen Sarah und Julian nach einem aufregenden Aufstieg Sur Il Foss.

Sightseeing auf dem Pferderücken

Am nächsten Tag geht es für Sarah und Julian hoch zu Ross. Bei der Ankunft auf dem Reithof San Jon in Scuol müssen die beiden sogleich anpacken: Gummistriegel, Federstriegel und Bürste schnappen, Pferd putzen und anschliessend satteln. Unterstützung erhalten sie von Rittführerin Katja. Auf einer geführten Reittour zum Lai Nair entdecken die beiden die Region um Scuol. Entlang der alten Strasse ins Val S-charl geht es zunächst talabwärts durch den Wald zur Clemgia Schlucht, vorbei am Golfplatz nach Vulpera, wo ein prunkvoller Kurpark mit seinen historischen Pavillons von der Blütezeit des Mineralwasser-Tourismus erzählt.

 

Kurze Zeit später thront über ihnen das Schloss Tarasp, das Wahrzeichen des Unterengadins. Auf den Rücken der Freibergerpferde «Happy» und «Leo» durchqueren sie den Weiler Tarasp Fontana, entzückt von den typischen Engadiner Häusern. Die letzten Meter zum Lai Nair führen über eine Kuhweide mit Weitsicht auf die andere Talseite, wo sich die Ortschaft Ftan im Sonnenlicht präsentiert. Am Lai Nair, der seinen Namen der schwarzen (nair) Farbe zu verdanken hat, hält die Gruppe für eine Mittagsrast. Dann geht es zurück nach Scuol.

Der frühe Vogel... wird tierisch belohnt

Mit den Tipps von Guide Lukas im Gepäck nehmen Sarah und Julian am nächsten Tag eine weitere Tour im Nationalpark unter die Füsse. Im Nationalparkzentrum in Zernez mieten sie sich Feldstecher. «Wir sind schon ganz vernarrt ins Wildtiere beobachten», meint Sarah schmunzelnd. Das heutige Ziel ist die auf 1882 Höhenmeter liegende Chamanna Cluozza. Gemütlich wandern die beiden von Zernez aus mit konstant leichter Steigung hinauf durch lichte Lärchenwälder, mitten ins wilde Val Cluozza, dem Herzen des Nationalparks, und ins Val dal Spöl. An Aussichtspunkten können sie in die Tiefen der eindrücklichen Cluozza-Schlucht blicken. Immer wieder suchen und entdecken sie Wildtiere. Nach rund fünf Stunden erreichen sie die urige Chamanna Cluozza. «Eine geniale Hütte», stellt Sarah fest. Die Abendstunden verbringen die beiden bei einem Arvenschnaps auf der Terrasse der Blockhütte und beobachten die röhrenden Hirsche auf der anderen Talseite.

Ein Höhepunkt folgt am nächsten Tag mit dem rund zweistündigen Aufstieg auf den Murtersattel. Bereits um 7 Uhr stärken sich die beiden mit einem Frühstück in der Chamanna Cluozza und machen sich kurze Zeit später auf den Weg. Das frühe Aufstehen lohnt sich, denn das Gebiet entlang des Murtersattel gilt als wahres Tierparadies. Sarah und Julian entdecken Steinbockherden, Gämse, Hirsche und zahlreiche Murmeltiere. «Fantastisch», schwärmen beide. Der Abstieg führt sie anschliessend über das Plateau von Plan dals Poms und durch den Wald zu einer kleinen Lichtung names Plan Praspöl im unberührten Val da Spöl. Noch ein kurzer Blick in die Spölschlucht, dann geht es für die beiden mit dem Postauto von Vallun Chafuol über die Ofenpassstrasse nach Tschierv. Dort wartet im Hotel Süsom Givè, die dritte Unterkunft auf ihrer Safari, ein wohlverdientes Abendessen.

Jeden Tag ein neues Abenteuer

Nach einem Ruhetag geht es zum Abschluss der Safari-Woche nochmals in den Nationalpark. Begleitet von Guide Georg machen sich Sarah und Julian vom Hotel Süsom Givè aus auf Richtung Margunet, der Aussichtskanzel am Ofenpass. Es ist eine der bekanntesten und beliebtesten Wanderrouten im Schweizerischen Nationalpark. Berühmt wurde sie vor allem, weil in den Jahren 1991 bis 2007 in der Nähe der Route in der Val da Stabelchod insgesamt 26 Bartgeier ausgewildert wurden. Bartgeier sehen Sarah und Julian an diesem Tag allerdings nicht. Anders als in den vergangenen Tagen spielt das Wetter am letzten Tag nicht so richtig mit. Die Sichtung einiger Murmeltiere und Gämse war ihnen am noch trockenen Vormittag vergönnt, doch am Nachmittag beim Abstieg wird die Gruppe vom ersten Wintereinbruch in Graubünden heimgesucht. «Richtig abenteuerlich», meint Sarah schmunzelnd.

Nach so vielen Eindrücken machen sich Sarah und Julian nach einer Woche Safari wieder auf die Heimreise. Ihr Fazit: «Es war eine geniale Woche. Jeden Tag erwartete uns ein neues Abenteuer. Wir haben vieles gesehen, aber noch lange nicht alles.» Eine Safari in Graubünden hat eben vieles zu bieten.

Sarah Lutz und Julian Agudelo Herrera haben die Safari-Woche im Rahmen eines Wettbewerbs gewonnen. Die Ferienwoche wurde ermöglicht von Graubünden Ferien, der Destination Engadin Scuol Samnaun Val Müstair, dem Schweizerischen Nationalpark sowie weiteren Leistungsträgern in der Region.

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Nadja Maurer und Marco Hartmann (© Graubünden Ferien)

Autorin & Fotograf.

Nadja Cantieni & Marco Hartmann

Nadja Cantieni und Marco Hartmann sind mit Stift und Kamera bepackt für Graubünden Ferien unterwegs und berichten über spannende Erlebnisse von Feriengästen und neue Abenteuer in Graubünden.