Authentisches Dorfleben.
Ein Wochenende in Brigels
Von Esther Mattle
Unser Auto ist vollgepackt mit Wintersachen und wir sind froh, dass wir den Kofferraum noch schliessen können. «Meinst du wirklich, dass wir das alles brauchen können während unseres Aufenthalts?», witzelt mein Mann. Die Destination Brigels verspricht ein abwechslungsreiches Aktivitätenprogramm und deshalb möchte ich gut gerüstet sein. Die Anreise nach Brigels präsentiert sich vielfältig. Mit jedem Kilometer, den wir tiefer in die Surselva hineinfahren, wird der Verkehr ruhiger. Noch entspannter wird es ab dem Abzweiger von der Hauptstrasse Richtung Brigels.
Eine kurvige Bergstrasse führt uns den Berg hinauf. Brigels liegt auf fast 1300 m ü. M. und geniesst auf einer Sonnenterrasse den herrlichen Blick übers Tal. Das Dorf empfängt uns mit seinen hübschen Holzhäusern. Manche davon sind mit rätoromanischen Inschriften verziert. Mir fällt sofort auf, dass die meisten Leute zu Fuss unterwegs sind. Das wundert nicht, denn Durchgangsverkehr gibt es in Brigels keinen. «Ich glaube, hier müssen wir besser gleich einen Parkplatz suchen», stelle ich fest. Den finden wir vor unserer Unterkunft. Wir haben uns die nächsten Tage in einer Wohnung im familienfreundlichen Pradas Resort eingemietet. Es liegt am Dorfrand direkt an der Talstation der Bergbahn.
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Nach dem Auspacken blicke ich auf die Uhr. «Es wird schon bald Abend und wir brauchen noch etwas zu essen!», informiere ich meine Familie. Zu Fuss spazieren wir zurück ins Dorfzentrum, um unser Abendessen einzukaufen. Der feine Brotgeruch führt uns in die Bäckerei Gabriel, wo wir ein knuspriges Brot kaufen. Wenige Schritte weiter stehen wir bereits im nächsten Geschäft. «Schau mal Mama, wieviel Salsiz hier liegt!» Nicht nur unser Sohn bestaunt die grosse Auswahl in der Dorfmetzgerei, sondern auch wir. Herr Schmed, der stolze Inhaber der Metzgerei, nimmt sich Zeit, um uns die feinen Unterschiede seiner 30 Sorten Salsiz zu erklären. Wir entscheiden uns für einen würzigen Hirschsalsiz. Auf dem Rückweg kaufen wir dazu einen feinen Brigelser Käse in der Cascharia, der Sennerei.
Unser Weg führt an schönen Häusern vorbei. Diese typische Casa Sursilvana im Strickbaustil besteht aus einem Wohnhaus und einem angebauten Stall. Umgeben war die Casa früher von einem grossen Garten, der nicht mehr bei allen Häusern vorhanden ist. Die meisten der schönen Gebäude in Brigels stehen unter Denkmalschutz. «Hat Brigels drei Kapellen und eine grosse Kirche?», wundert sich mein Mann. Er hat richtig gezählt und wir sehen auf unserem Spaziergang die für die Grösse des Dorfes bestimmt einmalige Anzahl Gotteshäuser. Jeder, der uns begegnet, begrüsst uns mit einem freundlichen «Bien di». Wir fühlen uns deshalb fast schon wie Einheimische. In Brigels wird die vierte Landessprache der Schweiz intensiv und mit Stolz gelebt. Das Rätoromanische Idiom Sursilvan ist offizielle Hauptsprache des Bergdorfes.
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Nach dem feinen Brigelser Znacht schlafen wir zufrieden ein. Am nächsten Morgen machen wir auf dem Kinderskihang gleich neben unserer Unterkunft die ersten Schwünge mit den Ski. Beim kinderfreundlichen Mittagessen in der Ustria Arena können wir die anderen kleinen Skifahrer beobachten. Dann wechseln wir die Ski gegen unsere Schlitten und fahren mit der Sesselbahn nach Crest Falla. Die abwechslungsreiche Schlittenfahrt zurück nach Brigels macht grossen Spass und belohnt uns mit einer wunderbaren Aussicht auf den Ort und die umliegenden Berge.
Am Abend wartet ein ganz besonderes Highlight auf uns. Neben vielen anderen feinen Restaurants, die es in Brigels gibt, bietet die Tegia Rasuz ein spezielles Erlebnis. In diesem mitten im Dorf aufgebauten Maiensäss begrüsst uns Julian Cathomas hinter einer alten Holztüre. Über dem Holzfeuer kocht er für uns einen Dreigänger mit währschaften Speisen. «Das sind die feinsten Capuns, die ich je gegessen habe», freut sich unser Sohn und schöpft sich noch einmal eine grosse Portion des bekannten Bündner Gerichts. Nach dem Essen führt uns der Gastgeber in die angrenzende Scheune. Sie ist in ein Museum umfunktioniert und gewährt uns Einblick in das längst vergessene Leben der Bergleute. Ein Spaziergang entlang der beleuchteten Langlaufpiste bringt uns zurück in unsere Unterkunft.
Am nächsten Tag geht es noch einmal auf die Ski. Dieses Mal wollen wir unserem kleinen Skifahrer die grossen Pisten zeigen. Die Skigebiete von Brigels und Waltensburg sind zusammengeschlossen und bieten eine gute Auswahl an schönen und familienfreundlichen Pisten. Mit der Sesselbahn fahren wir bis nach Cauma hoch. Das Bergpanorama, das sich uns auf dieser Fahrt bietet, ist genial. «Kommt, ich zeige euch, wo es am schönsten ist!» Weil ich als Kind fast jedes Jahr in Brigels in den Skiferien war, kann ich mich noch gut an die Pisten erinnern.
Natürlich kehre ich mit meiner Familie auch in meinem Lieblingsrestaurant von damals ein. Das Bergrestaurant Burleun mitten auf der Skipiste ist bekannt für seine traditionellen Speisen mit regionalen Zutaten. Das Maluns mit Apfelmus und Alpkäse schmeckt wunderbar und die Aussicht ist ebenso toll. «Daran werde ich mich noch lange erinnern», sage ich zu meinem Mann, als wir die Ski wieder anschnallen und es zurück hinunter nach Brigels geht.
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Im Dorf kaufen wir noch einmal ein feines Brot in der Bäckerei. So können wir ein Stück vom authentischen Bergdorf Brigels mit nach Hause nehmen. Unser Sohn nimmt einen letzten Schluck vom kalten Bergwasser eines Dorfbrunnens. Uns hat Brigels definitiv mit seinem Charme überzeugt. Jetzt verstehen wir gut, weshalb es als eines der schönsten Bündner Bergdörfer gilt.
Autorin.
Esther Mattle
Esther wohnt mit ihrer Familie in Maienfeld. Über ihre Ausflüge und Reisen in Nah und Fern schreibt sie auf ihrem Reiseblog.