Ein Hauch von Süden.
Weitwandern auf der Via Bregaglia
Von Martin Hoch
Weitwandern im Bergell
Es ist beinahe eine Sucht. War man einmal Weitwandern, wird man regelmässig rückfällig. Das Gefühl während mehreren Tage draussen zu sein, mit einem Ziel vor Augen und gleichzeitig total im Jetzt, in der Ruhe und fern des Alltags zu sein, ist wie ein geistiges Wellnessprogramm. Wenn man dabei auch noch, wie auf der Via Bregaglia, von den Alpen zu den Palmen wandern darf, ist das Wanderglück perfekt.
Von Maloja nach Vicosoprano
Für einige der grössten Highlights muss man kaum loswandern, sie befinden sich in Maloja. Auf dem zweistündigen Sentiero Segantini spaziert man durchs Leben und Schaffen des einst hier ansässigen Künstlers Giovanni Segantini. Am Ortsrand lohnt sich ein Abstecher zum Turm Belvedere, von wo aus man, wie es der Name verspricht, eine wunderbare Aussicht übers Bergell hat. Hier befinden sich auch die Gletschermühlen von Maloja.
Und dann geht's los, durch einen Nadelwald runter nach Casaccia und weiter, immer die Albigna-Staumauer und die nebenan aufragenden majestätische Berge im Blick, nach Vicosoprano. Reicht die Zeit, ist ein Abstecher hoch zum Albigna-Stausee sehr zu empfehlen.
Auf der Via Panoramica nach Soglio
Das Ziel der heutigen Tagesetappe lässt bereits am Morgen Vorfreude aufkommen: Soglio, ein Ort wie aus dem Bilderbuch. Und der Weg dorthin, er führt uns über die Via Panoramica, ist das Filetstück der Fernwanderung. Brücken, Wasserfälle, schmale Wege und wunderbare Panoramen wechseln sich ab. Ein charmanter Ort für eine Einkehr ist das Café Durbegia – hier wird regionaler Kastanienkuchen serviert. Und schliesslich erreichen wir Soglio und das Bergdorf enttäuscht uns nicht, im Gegenteil, es ist noch zauberhafter als erwartet. Speziell am frühen Morgen, wenn noch alles schläft und die ersten Sonnenstrahlen die Schieferdächer des Dorfes erreichen.
Palmen und Pasta
Der dritte und letzte Wandertag führt uns durch Europas grössten Edelkastanienwald nach Castasegna. Und dann überschreiten wir die Grenze nach Italien. Und wandern höchst konzentriert weiter – ja, auf der italienischen Seite ist die Via Bregaglia weiterhin ausgeschildert, jedoch an der ein oder anderen Stelle sollte man sich gut umsehen, um die Schilder nicht zu verpassen. Der Weg führt durch Dörfer und Wälder und in letzteren zeugen einmal mehr wunderbare Steinwege mit Mauern vom historischen Säumerweg. Und da wir nach drei Tagen im Bergell beinahe etwas traurig sind, dass die Mehrtagestour bereits wieder vorbei ist, geniessen wir im Crotto Belvedere, kurz vor Chiavenna, dem Ziel unserer Reise, noch einen Vino und stossen auf die wunderbaren Tage an.
Autor.
Martin Hoch
Martin Hoch war über sieben Jahre auf Reisen. Wichtig waren ihm die Begegnungen mit Menschen, angetrieben hat ihn die Liebe zur Natur. Zurück in der Schweiz widmet er sich dem Reisejournalismus.