Zauberhafte Welten.
Skisafari in Arosa Lenzerheide
Von Martin Hoch
Was hier abseits der Pisten, beim Einstieg am Ostgipfel des Rothorns und dem Anblick ursprünglicher, unangetasteter Natur geschieht, ist Folgendes: Zum einen staunen die Augen, gleichzeitig jauchzen die Gefühle. Auch wenn die Skisafari keine Reise zu den Big Five im Süden Afrikas ist, so dünkt einen der Vergleich Karen Blixens, der Autorin von Jenseits in Afrika, treffend: «Es gibt etwas bei einer Safari, das dich alle Sorgen vergessen lässt und dir das Gefühl gibt, du hättest eine halbe Flasche Champagner getrunken – ein Gefühl, das dich überschäumt vor tief empfundener Dankbarkeit am Leben.»
Freeriden mit viel Komfort
Was folgt, ist eine rasante Fahrt durch einen weissen jungfräulichen Schneehang und der Genuss, als erster Spuren zu zeichnen. Durchs Quellgebiet der Plessur, vorbei am schneebedeckten Älplisee, geht‘s runter nach Arosa. Früher war die Skisafari die einzige Möglichkeit, zwischen den Skigebieten der Lenzerheide und Arosa hin- und herzupendeln. Seit der Saison 2013/14 verbindet die Urdenbahn die beiden Skigebiete. Dadurch wuchs die Wintersportarena Arosa Lenzerheide mit 225 Pistenkilometern und 43 Anlagen zur grössten im Kanton. Hemmi ergänzt: «Die Attraktivität der Skisafari hat jedoch keineswegs gelitten.» Wie wahr: Der Komfort, die Infrastruktur des Skigebiets zu nutzen, um jeweils wieder mühelos in die Höhe zu kommen, um dann doch weit weg von den Pisten zu fahren, ist ein Privileg.
Der spukhafte Geisterhang
So stehen die drei Skifahrer innert kürzester Zeit auf der Seite von Arosa, hoch oben auf dem Hörnli. Von wo aus sie durchs wildromantische Urdental mit dem eindrucksvollen Geisterhang fahren. Geisterhang? Tatsächlich ist das Gebiet um diesen Hang sagenumwoben. Einst lebte hier, so erzählt man sich, ein Senn am Urder Augstberg. Ein verschlagener Charakter: Er reichte vorbeiziehenden Handelstreibenden und Wanderern vergiftete Milch, um sie danach zu berauben. Gar seine Mutter soll er unter die Erde gebracht haben, um sich ihr Vermögen anzueignen. Da griff die Natur korrigierend ein, verschlang die Alp und hinterliess an deren Stelle den Urdensee. Doch der Senn soll hier bis heute sein Unwesen treiben, ein geisterhaftes. Die Hiesigen berichten immer wieder von spukhaften Sichtungen des Senns, der jeweils in Begleitung eines roten Kühleins am Geisterhang unterwegs sein soll.
Die Safarigänger indes konnten ihn nicht sichten, dafür einige Gämsen hoch oben auf einem vom Wind schneebefreiten Stück Wiese. Es sei wichtig, die Ruhezonen der Tiere zu respektieren, sagt Hemmi. Es ist einer der Gründe, weshalb es ratsam ist, sich auf die Erfahrung eines Skilehrers, der das Gebiet kennt, zu verlassen. Zusätzlich herrscht an einigen Hängen Lawinengefahr. Hemmi weiss genau, welche Ecken des Gebiets er meiden muss. Er geriet in seiner 30-jährigen Karriere als Skilehrer nie in eine. Im Gegenteil: Während der Skisafari gibt er sein profundes Wissen gerne weiter, klärt über die Schneeverhältnisse und das korrekte Verhalten auf, erläutert gleichzeitig die Bergwelt – er scheint, jeden Gipfel zu kennen – und die Tierwelt, in der er als passionierter Jäger ebenfalls kundig ist.
Nach einem erlebnisreichen Tag erreicht die Gruppe Parpan und verabschiedet sich voneinander. Ein gelungener Tag ist vorbei. Die Erinnerungen aber hallen nach und auch der Gedanke, dass es sich hin und wieder lohnt, das gewohnte Terrain zu verlassen – auch im Alltag.
Autor.
Martin Hoch
Martin Hoch war über sieben Jahre auf Reisen. Wichtig waren ihm die Begegnungen mit Menschen, angetrieben hat ihn die Liebe zur Natur. Zurück in der Schweiz widmet er sich dem Reisejournalismus.