Vals statt Mongolei.
Jurten-Übernachtung
Von Mike Frei
«Papi, ich muss aufs WC.» Meine Tochter weckt mich aus dem Tiefschlaf. Blick auf die Uhr: 3:47. Ja, dann halt. Wir öffnen leise die Türe unserer Jurte und treten in die dunkle Sommernacht. Uns entfährt gleichzeitig ein «Puahh», als wir hoch zum Himmel schauen. Sterne, Sterne und nochmals Sterne. Mein Tiefschlaf? Wie weggeblasen.
Ja, echt erstaunlich. Hier oben wird sogar der nächtliche Gang aufs WC zum Mini-Abenteuer. Aber alles der Reihe nach.
Türkisblauer Stausee und knallrote Trottinetts
Als wir am Morgen davor im Bergdorf Vals ankommen, wollen unsere beiden Mädchen auf direktem Weg zur Jurte bei der Hängelahütte. Wir Eltern haben aber einen spassigen Umweg eingeplant. Und so sitzen wir wenig später im Postauto hoch zum Zervreila-Stausee. Nach einem Picknick mit Aussicht auf den Zervreilasee geht’s zurück nach Vals. Aber: nicht im gelben Postauto, sondern auf roten Trottinetts. Diese mieten wir beim Restaurant Zervreila.
Kleiner Tipp: Für Kinder am besten den Helm von zuhause mitnehmen.
Einfach luxuriös
Nach dem witzigen Trottiplausch fahren wir mit unserem Auto bergwärts, Kurve um Kurve. Ungeduldig drücken sich unsere Kinder am Fenster ihre Nasen platt – bis sie die weisse Jurte der Hängelahütte erspähen. Endlich da! Wir werden herzlich von Eveline empfangen, im typischen Valserdialekt.
Kaum haben wir die Türe unserer Jurte geöffnet, ziehen unsere Kinder ihre Schuhe aus und hüpfen glücklich auf dem Bett herum. Die Jurte wurde mit viel Geschmack eingerichtet: ein Bett aus Holz, ein Sofa, ein kleiner Holztisch, zwei Stühle und ein bisschen Deko – nicht zu viel, nicht zu wenig. Und an der Decke? Ein «riiiesiges» Dachfenster. Uns wird klar: Die heutige Übernachtung wird ein Mix aus einfachem Campingleben und dem Luxus eines Hotelzimmers.
«Bärg-Ischte» und Sternenhimmel
Nun brauchen Mamipapi aber dringend Kaffee und Zwetschgenwähe, während die Kleinen den hauseigenen «Bärg-Ischte» probieren – sehr empfehlenswert übrigens. Gestärkt geniessen wir die Abendsonne und «hängelen» so richtig patschifig (gemütlich) auf den Liegestühlen vor der Jurte.
Zum Abschluss dieses unvergesslichen Familientages serviert uns das Hüttenteam ein feines 4-Gang-Menü aus lokalen Zutaten, mmh sehr fein. Nach dem Dessert ziehen wir uns wieder in die Jurte zurück. Noch ein paar Geschichten und dann heisst es: Licht ab, Sterne an. So zählen wir statt Schafe Sterne – und schlafen zufrieden ein.
Vogelgezwitscher, Rührei und Sprungbrett
Am nächsten Morgen werden wir von Sonnenstrahlen und Vogelgezwitschter geweckt. Zwischen einer Portion Rührei mit Speck und einem Stück Zopf besprechen wir das Tagesprogramm. Wobei – zu besprechen gibt es nicht viel. Bei diesem prächtigen Sommertag ist die Meinung unserer Kinder schnell gemacht: «Wir wollen in die Badi in Ilanz!»
Nach dem Bergzmorga verabschieden wir uns von Eveline und ihrem Hüttenteam. Eine Stunde später planschen, schwimmen, rutschen und sprungbrettern wir, bis uns gegen Abend ein Gewitter aus dem Wasser zieht. Was bleibt uns in Erinnerung? Eine einfach luxuriöse Übernachtung weit weg vom Alltag, viel Zeit und Spass mit unseren Kindern und – gerötete Augen vom vielen Tauchen.
Auf dem Heimweg verrät unsere grössere Tochter ihren Wunsch zum nächsten Geburtstag: «Nochmals eine Nacht in der Jurte.»
Autor.
Mike Frei
Mike Frei ist stolzer Churer, gerne sportlich unterwegs und entdeckt alleine oder mit seiner Familie immer wieder neue Orte in Graubünden.