Von Graubünden an die Weltspitze.
Unterwegs mit den Gehrig-Zwillingen
Laax
Vom Vorabgletscher bis zur Rheinschlucht: Die Bikeregion Laax mit 330 Kilometer Bike-Wegen ist hipp und cool – perfekt für Freestyler, Enduro-Biker und Familien. Nach der Biketour geniesst du eine Abkühlung in den karibisch blauen Bergseen.
«Du zuerst?» – «Ok. Aber Vollgas!» Anita und Caro klatschen sich ab. Den Sattel in Abfahrtsposition, ein kurzer, satter Antritt und die beiden steuern ihre Bikes gleichermassen gefühl- und kraftvoll talwärts. Ein Wimpernschlag später hört man sie bereits ein gutes Stück weiter unten vergnügt jauchzen.
Die Zwillinge haben sich den Tag soweit freigeräumt, um das tun zu können, was sie lieben: Auf ihrem Mountainbike von der Haustür aus einen Berg erklimmen, neues Terrain erkunden und – vor allem – auf einem der unzähligen Trails in Graubünden talwärts zu cruisen. «Wenn immer möglich, sind wir gemeinsam unterwegs und pushen uns gegenseitig», erzählt Caro.
In ihrem Fall ist Biken nicht einfach ein Hobby. Caro und Anita sind Mountainbike-Profis auf Weltklasse-Niveau. Oder besser gesagt: Sie waren es bis vor kurzem. Zehn Jahre lang sind sie Rennen des Enduro Weltcups gefahren und gehörten zu den Besten ihrer Disziplin. Im Sommer 2022 haben sie sich offiziell von den Enduro World Series verabschiedet, um sich um ihr neues Projekt zu kümmern. Aber der Reihe nach.
Die Gehrig-Zwillinge wuchsen am Bodensee auf, weit weg von Bergen und alpinen Trails. Dennoch war das Biken in der Familie omnipräsent: Der ältere Bruder fuhr Crosscountry-Wettkämpfe. Die Familie begleitete ihn oft an seine Rennen.
Die Ausbildung im Gastgewerbe führte die Zwillinge nach Graubünden. «Eigentlich kamen wir zunächst nur für eine Wintersaison hier her», erinnert sich Anita. «Aber wir haben uns in die Region verliebt, so dass wir nie mehr wegwollten.» Für den Sommer musste ein Hobby her – und weil hier alle biken gingen, war es naheliegend, dass auch Caro und Anita bald auf dem Mountainbike die neue Heimat eroberten.
Ebenso klar war es für die jungen Frauen, gleich Wettkämpfe zu bestreiten. «Biken heisst racen», so hatten sie das zuhause miterlebt. «Und kompetitiv waren wir schon immer», räumt Anita grinsend ein. Kurz darauf standen sie am Start ihres ersten Mountainbikerennens: Ein Downhillrennen in Davos – passenderweise auf Schnee.
Als 2012 die «Enduro World Series» ins Leben gerufen wurde, war für Anita und Caro klar: «Das ist unser Ding.» Bei dieser Form von Mountainbikerennen müssen Teilnehmende mehrere anspruchsvolle Abfahrten auf Zeit bewältigen, wobei die Anfahrt zum Start ebenfalls grösstenteils per Muskelkraft gemeistert werden muss. «Fetzige Abfahrten mit ordentlich Tempo, nachdem du selber den Berg hochpedaliert bist – das machen wir ja auch in der Freizeit am liebsten», erklärt Caro. Das war der Startschuss für ihr Leben als Mountainbike-Profis.
Zehn Jahre lang haben Anita und Caro Topklassierungen an der Weltspitze der Enduro-Mountainbikerinnen eingefahren. Graubünden als Heimat zu haben war ein wichtiger Baustein ihres Erfolgs. «Unzählige Biketrails, Bikeparks und Wanderwege, die man befahren darf – alles vor der Haustür. Das waren für uns natürlich ideale Voraussetzungen, um uns auf die Rennen vorzubereiten», sind sich die Zwillinge einig.
Für uns als Bike-Profis ist Graubünden perfekt als Trainingsbasis und Lebensmittelpunkt.
Caro Gehrig
Die Bergwelt rund um ihr Daheim in Flims fordert den Bikerinnen einiges ab. «Das alpine Gelände spielt uns natürlich in die Karten», sind die Gehrig-Zwillinge überzeugt. «Als Profi willst du dich ständig verbessern. Dafür ist Graubünden mit seinem teilweise anspruchsvollen Terrain und der enormen Vielfalt an Trails der perfekte Trainingsort und Lebensmittelpunkt für ambitionierte Bikerinnen.»
«Tage wie dieser sind ein Traum. Zu zweit oder mit guten Freunden die Bergwelt auf dem Bike erkunden. Dafür leben wir!» Anitas und Caros Augen strahlen. Mal fahren sie mit dem Postauto irgendwo in Graubünden ein Stück weit den Berg hoch, mal hilft eine Bergbahn beim Aufstieg, mal tragen sie das Bike auf einen Berggipfel. Graubünden, das Home of Trails, mit seiner riesigen Vielfalt und endlosen Auswahl an Trails, ist auch für die weitgereisten Gehrig-Zwillinge ein Bike-Eldorado.
Auch an Orten, wo sie schon mehrfach waren, verweilen sie staunend. Gemütlich und ohne jegliche Hektik die Aussicht geniessen und dabei mit feinem Alpkäse oder Salsiz die Batterien aufladen. So geht Biken in Graubünden — patgific eben, total entspannt. Bis der Trail ruft: eine lange Abfahrt, technisch über Fels und Stein, flüssig und endlos auf Wanderwegen, verspielt und kurvig in den Wäldern.
Home of Trails: Biken in Graubünden
4500 Kilometer markierte Mountainbike-Routen.
- Fairtrail in Graubünden teilen sich Bike- und Wanderbegeisterte die Wege.
- 0 Stress mit öV: Rhätische Bahn und Postautos transportieren Ihr Bike bis ins letzte Bergdorf.
Nach zehn Jahren als Profi-Sportlerinnen schlagen Anita und Caro ein neues Kapitel auf. Auch wenn der Abschied vom Rennzirkus schwer fiel: Mit der Eröffnung ihres eigenen Hotels, der Flem Mountain Lodge in Flims, geht ein weiterer Traum in Erfüllung. «Die Lodge vereint unsere zwei Passionen: Die Gastronomie und das Biken – das haben wir jetzt alles unter einem Dach», sagt Anita.
Für uns ist es ein Privileg, hier oben leben und arbeiten zu dürfen.
Caro und Anita Gehrig
Die Gehrig-Twins – darunter kannte man die Zwillinge in der Bikeszene und darüber hinaus – waren schon während ihrer Bikekarriere bekannt für ihre Liebe zu gutem Kaffee. Legendär, wie sie an Enduro-Rennen das ganze Fahrerlager mit feinstem Cappuccino aufheiterten. Nun sinde es die Gäste ihrer Lodge, welche in den Genuss ihres Kaffees in Barista-Qualität kommen – auf Wunsch sogar mit Latte-Art.
Obwohl Caro und Anita als Neo-Gastronominnen jetzt meist in ihrem Hotel zu tun haben: «Zeit fürs Biken muss immer sein. Sonst würden wir etwas falsch machen», stellen sie klar. «Denn die besten Tage sind noch immer die auf unseren Trails in Graubünden.» Ihre Empfehlung für einen perfekten Biketag ist simpel: «Ein guter Kaffee aus unserer Kaffeemaschine, sonst geht gar nichts. Dann per Bergbahn, Postauto oder direkt von der Haustüre aus ein paar knackige Trails unter die Räder nehmen, um zurück im Tal müde und selig die nächsten Bikeabenteuer zu planen.» Die Möglichkeiten im Home of Trails sind gefühlt unendlich. Man muss nur gehen.