Einmal rundherum.

Natur-Erlebnisse im Parc Ela

Mann auf einem Wanderweg im Parc Ela
Parc Ela
Wer erleben möchte, wie gross der grösste Naturpark der Schweiz tatsächlich ist, darf diesen auf dem neuen Parc Ela Trek einmal umwandern.  Die Wanderleiterin Irene Schuler, die den Weitwanderweg konzipierte, sagt: «Wir wollten eine Route anbieten, auf der man sich stets zwischen der Maiensäss- und der Alpstufe bewegt.» Dafür galt es, die Bergbevölkerung zu gewinnen. Denn ohne diese wäre eine Umsetzung undenkbar gewesen, was ein Ausflug auf drei der insgesamt siebzehn Etappen aufzeigt.

Etappen

Auf dieser Seite finden Sie die Etappen 2, 6 und 15 von insgesamt 17 verschiedenen Etappen.

Text – Martin Hoch / Bild –  Nico Schaerer

Etappe 2

Von Stierva nach Radons

Wie konzipiert man eine neue Wanderroute? Und erst noch eine, die einen in 17 Tagesetappen einmal rund um den Parc Ela führen soll? Irene Schuler, die dafür verantwortlich war und die von der Planung bis zur Realisation im Sommer 2023 drei Jahre in das Projekt investierte, verrät: «Ich sprach viel mit den Menschen vor Ort. Mit denen, die sich mit den lokalen Gegebenheiten am besten auskennen.» Dazu gehörte ein reger Austausch mit den Gemeinden des Parks und den Touristikern. Das Ziel war stets, dass jeweils in der Höhe übernachtet werden kann und nicht bei jeder Etappe ein Abstieg in ein Dorf erfolgen muss. Eine knifflige Sache: Einerseits die einsame Bergwelt geniessen und gleichzeitig auf von Menschen geführte Infrastruktur angewiesen sein – inmitten der Bergwelt, auf allen 17 Etappen.

Schneebedeckte Berge mit herbstlich gefärbten Lärchen im Vordergrund.

Bevor es hoch nach Stierva geht, können sich Wandernde an der Infostelle des Parc Ela am Bahnhof  Tiefencastel noch mit Infomaterial eindecken und sich erkunden, wo es sich unterwegs lohnt, nach Insekten Ausschau zu halten. Denn die Vielfalt dieser ist im Parc Ela besonders gross. Mit den Informationen und einer Wegzehrung im Rucksack geht es los. Die Wanderung von Stierva nach Radons führt über Ziteil.

Das dortige, auf 2434 m ü. M. gelegene Marienheiligtum gilt als die höchste Wallfahrtskirche der Schweiz. Und es zeigt: Menschen bevölkern im alpinen Raum auch weit entlegene Orte. In den Sommermonaten ist es möglich, hier zu nächtigen. Wer jedoch auf alpinen Komfort setzt, auf «stillen Luxus», wie man ihn hier nennt, sollte die weitere Wegstrecke nach Radons nicht scheuen. Es lohnt sich: Der Gastgeber des Berghuus Radons, Fadri Arpagaus, ist weitum für seine Herzlichkeit und seine schmackhafte Küche bekannt.

Lärchenwald im Herbst.
Lachender Koch lehnt an einer Steinwand an.

Etappe 6

Septimerpass bis Julier La Veduta

Zurück zur kniffligen Ausgangslage: Wie bietet man auf allen 17 Etappen auf Maiensäss- und Alphöhe Unterkünfte für die Wandernden an? Irene Schuler studierte die Region eingehend, identifizierte mögliche Übernachtungsplätze wie SAC-Hütten, hochgelegene Berggasthäuser oder Passhotels. Doch sie fügt an: «Es war schnell ersichtlich, dass wir zusätzliche Übernachtungsmöglichkeiten schaffen müssen.» Bei der Umsetzung habe man den Ansatz verfolgt, die Landwirtschaft einzubinden. So entstand beispielsweise auf der Alp d’Err aus einem Stallteil eine moderne, heimelige Unterkunft, in der man abends hervorragend verköstigt wird. Auf dem Septimerpass wiederum, dem Startpunkt dieser Etappe, entstand in Zusammenarbeit mit der Gemeinde Surses die Cesa da Sett. Dabei wurde eine ehemalige Militärhütte zu einer Berghütte umgebaut.

Nebst der Zusammenarbeit mit den Menschen des Parks und zusätzlich zur Suche nach möglichen Unterkünften beschäftigte Irene Schuler auch das Thema «Grenzen». Schliesslich verläuft der Weitwanderweg entlang des Perimeters des Parcs Ela. Und auch Sprachräume und deren Grenzen spielten mit rein, denn die Route führt durch drei Sprachregionen.  «Der Austausch mit Orten ausserhalb des Parks nimmt beim Parc Ela Trek eine nicht unwichtige Rolle ein, so führt der Weg, wie auf dieser Etappe, immer wieder über die Parkgrenzen hinaus.» Von diesem Austausch lebe ein Naturpark. Auch Tiere würden die Grenzen des Perimeters immer wieder überschreiten. Oder das Wasser. Das wird einem bewusst, wenn man bei der Ausschilderung der 3-fachen Wasserscheide auf dem Pass Lunghin steht. Rund um den Pass entspringen der Inn, die Maira und die Julia. Flüsse, die weit über die Landesgrenzen hinweg fliessen und deren Wasser sich Wege ins Schwarze Meer, ins Mittelmeer und in die Nordsee bahnt. Als Quelle des Inns gilt der etwas weiter unten liegende Lägh dal Lunghin, auf Deutsch Lunghinsee. Ein Ort, an dem die Ruhe wohnt. Hier kommt mehr als nur ein Hauch von Glückseligkeit auf. Doch das Innehalten sollte nicht zu lange dauern, schliesslich warten noch weitere neun Kilometer und etliche Höhenmeter hoch zur Fuorcla Grevasalvas auf einen. Auf der anderen Seite, nach dem Abstieg beim Etappenziel angekommen, darf man im Ospizio La Veduta einkehren. Und befindet sich wieder innerhalb des Parkperimeters.

Etappe 15

Von Stugl nach Jenisberg

Stugl, das ist ein Dorf mit einem guten Dutzend Häuser, der Kirche St. Johannes mit ihren prächtigen Malereien und der neuen Unterkunft Chesa Sut Baselgia. Zusammen mit der berglandwirtschaftlich geprägten Umgebung findet man sich in einer Szenerie wieder, die an die Heimatfilme der 1950er-Jahre erinnert. Idyllisch. Ja, da fehlen fürs klischierte Bild nur noch Heidi und der Geissenpeter. Doch die wohnen nicht hier. Sondern auf dem Maiensäss Falein. Dieses erreicht man auf dieser Etappe nach 4,5 Kilometern Marschzeit.

Lachender Mann im Ospizio La Veduta.
Steinhaus mit Kirche in schneebedeckter Berglandschaft im Herbst.

Vor der Hütte, in der 1952 der erste Heidifilm gedreht wurde, findet man zudem den «post da marenda», einen Verpflegungsposten, in dessen von Wasserkraft angetriebenem Kühlschrank regionale Leckereien zum Verzehr bereitliegen. Weiter führt einen der Weg über die Alp Jenisberg zum Etappenziel in die Sägässähenki nach Jenisberg. «Wir konnten die Unterkunft nur dank der Umsetzung des Parc Ela Treks verwirklichen», sagt Gastgeber und Bergbauer Adrian Risch. Und dass Gäste kommen, bedeute ihnen als Familie viel: «Als Landwirte können wir hier selten weg, umso schöner, wenn uns die Welt besucht.»

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Wanderer auf schneebedecktem Bergpfad im Parc Ela.

Wanderung

Die drei hier beschriebenen Etappen sind Teil des Parc Ela Treks, der Wandernde auf 17 Etappen von Tiefencastel einmal rund um den Naturpark auf die Lenzerheide führt.

Die drei hier beschriebenen Etappen sind Teil des Parc Ela Treks, der Wandernde auf 17 Etappen von Tiefencastel einmal rund um den Naturpark auf die Lenzerheide führt. Die Weitwanderung verläuft meist auf über 2'000 m ü. M. Die ideale Jahreszeit für den Trek ist von Mitte Juni bis Mitte September. Online findet man die Routen, Anforderungen und Übernachtungsmöglichkeiten aller Etappen.

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Auf einen Blick: Der Mensch als Teil des Naturparks

Nur dank engagierten Menschen gibt es den Parc Ela. Und es ist der Mensch, der den Naturpark prägt, gestaltet und für seine Arbeit, wie auch seine Freizeit, nutzt. Ein Naturpark lebt vom Dialog zwischen der Natur und den Menschen, den Bewohnern und Gästen.

  • 6 Gemeinden bilden den Parc Ela. Es sind die Gemeinden Albula/Alvra, Bergün Filisur, Davos Wiesen, Lantsch/Lenz, Schmitten und Surses.
  • 102 Kreuzenziane wurden von der Parkbevölkerung und Schulklassen gepflanzt, damit die Raupen des Kreuzenzian-Ameisenbläulings Nahrung haben.
  • 5'726 Menschen bewohnen den Parc Ela.
  • 15 Hotels und Restaurants leben als Partnerbetriebe Nachhaltigkeit und Regionalität und treten damit als Botschafter für den Naturpark auf.
  • 4x hat sich die Bevölkerung für den Parc Ela ausgesprochen. Zuletzt erhielt der Naturpark 2021 das Mandat für weitere 10 Jahre.
Martin Hoch

Autor.

Martin Hoch

Martin Hoch war über sieben Jahre auf Reisen. Begegnungen mit Menschen und seine Liebe zur Natur prägten ihn. Zurück in der Schweiz arbeitet er als Reisejournalist, unter anderem für «Transhelvetica».